Manchmal ist es ein langer Weg, aber es lohnt sich nicht aufzugeben!
Wir hatten bereits zwei Hunde von „Tiere in Spanien e.V.“ adoptiert, Buffy und Bolle. Vor 5 Jahren entschieden wir uns, uns als Pflegestelle für den Verein zur Verfügung zu stellen. Ich sah, dass Dackelmix Tanit ihr Zuhause wieder verlieren sollte und sprach mit Sabine. Es passte natürlich gut, dass wir auch im Norden wohnten, so dass Tanit keine lange Reise hatte. Tanit, die mittlerweile Funny hieß, wurde schweren Herzens bei uns abgegeben.
Es zeigte sich schnell, dass Funny durchaus so einige Baustellen hatte. Sie stellte sich als kleiner Kontrollfreak heraus und Alleinbleiben war ein Problem. Wir hatten die ersten Tage während unserer Abwesenheit eine Kamera aufgestellt und mussten sehen, dass Funny während ich arbeiten war 4 Stunden am Stück auf dem Sofa saß und wütend vor sich hin brüllte, während unsere anderen 3 Hunde sich genervt in ihre Körbchen verzogen. Vernünftig an der Leine gehen war zu Beginn auch noch deutlich ausbaufähig. Zudem knurrte sie am Fressnapf und attackierte immer wieder unsere anderen Hunde, besonders die kleine Buffy. Es flogen so die Fetzen, dass ich mit einem Besen zwischen den beiden kleinen Hunden stand und Funny noch um mich und meinen Besen herumprügelte bis Buffy blutige Ohren hatte. Auch bei den Rottweilern im Vorbeigehen mal eine Fellprobe nehmen, fand Funny durchaus in Ordnung. Unseren Kater Charly hielt sie ebenfalls für Futter auf 4 Pfoten, obwohl sie eigentlich katzenverträglich sein sollte. Funny sollte ein Problem mit Kindern haben (den Maulkorb bekamen wir zum Hund gleich dazu), es zeigte sich aber, dass sie generell ein Problem mit lauten Menschen und Distanzlosigkeit hatte. Zecken entfernen, anleinen, Krallenschneiden und so weiter musste erstmal geübt werden. Mal eben Staub saugen war ein Problem, denn Funny biss in den Staubsauger. Zudem war Funny einfach nur laut, aber zum Glück haben wir ein freistehendes Haus.
Nach einigen Tagen hatten wir dank Funny beide Bisswunden an den Händen und eine Ehekriese und beratschlagten, ob wir uns und unseren anderen Tieren das wirklich antun wollten. Aber wo sollte denn dieser Hund hin? Jeder Hund hat ja auch nette Seiten und eine Chance verdient. Also entschieden wir uns, diese Situation zu managen und die Herausforderung Kampfdackel anzunehmen. Dass Funny so schnell nicht vermittelt wird war uns ziemlich schnell klar.
Wir hatten nun also bei uns nun eine emotionsflexible Schnappschildkröte mit „special Effekts“! Funny hatte bei uns relativ schnell den Spitznamen „die Knurrwurst“!
Funny war also alles andere als ein kleiner unkomplizierter Hund. Wir starteten also als erstes mit dem Maulkorbtraining, denn vor dem hatte sie Angst! Leckerli rein und aus dem Mauli füttern. Nach einer Woche ging das prima. Auch das Anziehen des Halsbandes übten wir mit Leckerlies (dem Fell nach zu urteilen trug sie bisher ihr Halsband auch in der Wohnung immer. Regeln, wie vor dem Napf warten, bis wir den freigeben, musste sie von Anfang an mitmachen. Ruhe und Konsequenz war gefragt. Als erstes schaffte es Funny dann doch sich mit unseren vorhandenen Hunden zu arrangieren. Und auch klein Buffy schaffte es, sich gegen Funny mal durchzusetzen.
Funny besuchte mit uns und den anderen regelmäßig eine Hundeschule. Sie machte gut mit…. wenn sie Lust hatte …. und wir die richtigen Leckerli! Etwas Agility oder Flyball tat Funny ganz gut. Auf den Spaziergängen lernte Funny, dass nicht sie die Situation regeln musste. Wenn uns jemand entgegen kam, hatte sie am Rand mit den anderen Hunden zu warten, bis die Person (egal ob mit oder ohne Hund) an uns vorbei ging. Da ich mich dabei vor sie stellte und abschirmte und unsere anderen Hunde ebenfalls geduldig warteten, ließ ihre Leinenaggression mit der Zeit nach. Natürlich ist es bei einem nicht ganz einfachen Hund nur eine Frage der Zeit, bis man von fremden Hundehaltern ungefragt mit unqualifizierten Ratschlägen zugequatscht wird. Wir ließen diese an uns abprallen und setzten unser Training fort.
Eine große Hilfe war unsere Rottihündin Ajda. Sie gab Funny Sicherheit und zeigte ihr, dass man kommunizieren kann, ohne gleich sein tierisches Gegenüber zu fressen. Die beiden spielten auch ganz nett miteinander und Funny fing an sich an das Rudel zu gewöhnen.
Im Flur steht bei uns eine große Hundebox. Die diente Funny als Rückzugsort, wenn sie mal zur Ruhe kommen wollte.
Mit Funnys generellen Aggressionen kamen wir aber nicht wirklich weiter. Merkwürdig war, dass sich diese zum Nachmittag hin steigerten. Wenn ich oder auch mein Mann unser Wohnzimmer betreten wollten, kam Funny mit aufgerissenen Augen, aufgestellten Nackenhaaren und gefletschten Zähnen laut auf uns zugeschossen. Keine Frage, sie meinte es ernst. So manches Mal hatten wir gelochte Finger, denn sie war schnell! Da hat man jahrelange Rottweilererfahrung und wird vom Terrordackel aus seinem Wohnzimmer verjagt… Super!
Ich kontaktierte Sabine, da ich sie vom Tierarzt durchchecken lassen wollte. Wie sich zeigte, war das eine gute Idee!
Funnys Blutwerte waren auffällig. Da Funny immer extrem wenig trank (das berichtete mir auch schon die Vorbesitzerin) waren ihre Nierenwerte nicht in Ordnung.
Nun hatten wir einen Ansatzpunkt. Für Funny gab es nun Nierenfutter (spezielles Dosenfutter) mit einer angemessenen Menge Wasser. Funnys Verhalten besserte sich ganz langsam und das Training zeigte Erfolge. Dennoch hatte Funny nun nicht wirklich vernünftige Interessenten, was ja nun durchaus zu verstehen war.
Irgendwann fragte Sabine, ob ich mal darüber nachgedacht hätte, sie zu behalten. Ernsthafte Anfragen für Funny gab es die ganze Zeit über nicht wirklich. (Funny war nun schon eineinhalb Jahre bei uns!) Meine Antwort war: „Ja hab ich schon des Öfteren. Mit meinem Mann würde ich das aber dann vielleicht besprechen wollen, wenn seine von Funny gelochte Hand verheilt ist…..“ Was soll ich sagen, die Hand war verheilt und unsere Knurrwurst blieb!
In der Hundeschule nahmen wir an einem Probetraining der K9-Suchhunde teil. Fortan gingen wir mit unseren Hunden zum Trailen, was uns allen, Mensch und Hund, viel Spaß machte. Wir lernten unsere 4 Hunde nochmal von einer ganz anderen Seite kennen.
Durch die Personensuche (Mantrailing) machte es bei Funny endgültig Klick! Fremde Menschen konnten gar nicht so schlimm sein, denn sie saßen am Ende des Trails mit dem Leberwurstdöschen. Leberwurst verbindet!
Mit der Zeit konnte sich Funny immer mehr auf fremde Leute einlassen, sie freute sich sogar!
Einen Rückschlag erlitten wir nochmal, als unsere Hündin Ajda an Krebs starb. Sie war der Ruhepol und unser Rudel musste sich erstmal wieder komplett neu finden.
Wir trailen nach wie vor mit unseren Hunden bei K9 und es tut uns allen gut. Ich bin sportlicher geworden und Funny hat viel mehr Selbstvertrauen bekommen. Wir sind ein Team geworden! Funny hat mit mir mittlerweile die K9-Suchhundeprüfung in orange a geschafft. Buffy und Bolle sind die Prüfungen mit meinem Mann gelaufen.
Was wir durch Corona wenig üben konnten, war Besuch ins Haus zu lassen, da ich durch meine Grunderkrankung immunsuprimiert bin. Bei Besuch bekommt Funny immer noch zur Sicherheit ihren Mauli auf, denn wir wollen keine Bissverletzung riskieren. Leider kann man Besuch immer wieder darauf hinweisen, dass die Hunde bitte einfach ignoriert werden. Trotz allem werden die Hunde dann doch angeschaut, vollgequatscht und bedrängt. Aber Funny meistert das mittlerweile toll.
Ein paar Mal war meine Schwester mit ihren 3 Kindern (11 Jahre, 9 Jahre und 5 Jahre) zu Besuch. Für Funny eine echte Herausforderung! Und sie hat sie toll gemeistert und die Kinder auch! Sie hat sich als beste Freundin tatsächlich Lea (9) ausgesucht. Die beiden sind ein Herz und eine Seele! Wenn die Kinder kommen, braucht Funny ihren Mauli nur kurz am Anfang. Wenn Ruhe eingekehrt ist, klappt es auch im Haus ohne.
Manch einer meint jetzt vielleicht, der Hund sei nun doch kinderverträglich. Das stimmt so nicht. Funny vertraut Personen, die sie kennt. Ich sag immer: Ein Hund ist kinderlieb, wenn das Kind hundelieb ist! Damit meine ich, dass es zwischen Hund und Kind gut funktionieren kann, wenn das Kind gelernt hat sich an Regeln zu halten und sich zurückzunehmen. Keines der drei Kinder schmeißt sich auf unsere Hunde und umarmt sie von oben, keines der Kinder geht an einen schlafenden Hund, und so weiter. Die drei hören auf Erklärungen und sind in der Lage diese umzusetzen und sie haben einfach gelernt Rücksicht zu nehmen. Aber Funny weiß, wenn jemand (egal ob Kind oder Erwachsener) zu distanzlos ihr gegenüber ist, greife ich rechtzeig ein. Manchmal denkt man vielleicht, dass das ein oder andere Verhalten des Hundes nervt, aber man sollte sich auch immer mal fragen, was nervt den Hund vielleicht an uns?
Funnys Entwicklung hat echt lang gedauert, aber die Arbeit hat sich gelohnt. Auch eine kleine Knurrwurst kann, wenn man ihr die Zeit gibt und bereit ist selbst dazuzulernen, der beste Hund der Welt sein!
Liebe Grüße, Tina und Michael Hoth.